Phil Campbell And The Bastard Sons – In Memoriam Motörheads

Datum: Samstag 10.3.2018
Location: München, Strom
Support: Helhorse

Nachdem ich nie die Gelegenheit hatte, Motörhead zu fotografieren, die Band welche Phil Campbells musikalisches Heim in den letzten 25 Jahren gewesen war, bot sich am 10. März 2018 für mich die Möglichkeit, zumindest Phil mit seiner aktuellen Formation abzulichten. Zunächst einmal ging ich mit gemischten Gefühlen zu diesem Konzert. Wusste ich doch, nachdem ich die Gedenkfeier für Lemmy live über YouTube verfolgt hatte, dass Phil sehr unter dem Verlust von „Lem“ gelitten hat. So wie jeder in Mr. Kilmisters engeren Umfeld. Von daher war ich sehr gespannt, was mir geboten wird. Die Kritiken zum aktuellen Album der Bastard Sons waren ja weniger euphorisch und deuteten eher auf Mittelmaß hin.

Schon kurz nach sieben hatte sich eine Traube von offensichtlichen MotörheadFans vor dem Strom versammelt. Gott sei Dank war ich ebenfalls schon so früh vor Ort. Bis zum Einlass um acht zeigte es sich, dass der Laden fast ausverkauft sein würde. Pünktlich ging es dann in die gute Stube. Leider zeigte sich das deutsche Publikum wenig freundlich einem Fotografen gegenüber. Die erste Reihe wurde in bester All-Inclusive Manier besetzt, fehlten nur noch die Handtücher. Man wurde schon recht unfreundlich weg komplementiert, auch wenn man nur die ersten drei Songs jeder Band fotografiert hätte. Von daher habe ich dann mit der Treppe am Merchstand vorlieb genommen.

Um kurz nach halb neun durften dann Helhorse aus Dänemark den Laden aufwärmen. Die fünf Jungs aus Kopenhagen spielten schweren Rock, Doom Metal trifft es vielleicht am ehesten. Auf YouTube hört sich ihr Zeug auf jeden Fall wesentlich besser an als im Strom. Der Sound war insgesamt zu dumpf, die Höhen kamen nicht durch und die Vocals verloren sich komplett in diesem Sumpf. Immer wenn man dachte, jetzt käme die Band auf Touren, wurde dies sofort wieder eingebremst. Vom Gesamtkonzept her erschien das Ganze zu lahm, der Sound zu dumpf abgemischt. Dazu kam dann noch eine gut eingenebelte Bühne, was das Fotografieren nicht gerade erleichterte. Bei meinem recht einseitigen Blickwinkel vom Merchandise aus war es auch schwer, alle Fünfe auf einmal auf der Bühne zu erwischen. Die Bühne im Strom ist verhältnismäßig klein, somit waren meist zwei der Jungs hinter der rechten Box versteckt. Nichts desto trotz war die Aufwärmrunde erfolgreich, den meisten Gästen schien es gefallen zu haben.

 

Das Intro zu Phil Campbell And The Bastard Sons war ein Klassiker: „Highway Star“ von Deep Purple. Natürlich ein gutes Zeichen und man konnte gespannt sein, ob’s der alte Herr mit seinen Jungs noch bringt. Los ging es mit „Big Mouth“ gefolgt von „Freakshow“ vom aktuellen Album. Gefolgt von „Deaf Forever“ und „Rock Out“ wurde in die Motörhead-Klamottenkiste gegriffen, sehr zum Gefallen aller Anwesenden. So ging es eigentlich den ganzen Abend durch, schön abwechselnd: Eine Neukomposition, dann ein Klassiker. Gott sei Dank hatte sich der Nebel beim Umbau verzogen und es wurde auch kein Neuer nachgelegt, was das Fotografieren echt erleichterte. Aber auch hier machte es der begrenzte Platz auf der Bühne schwer, alle Bastard Sons auf ein Bild zu bekommen. Der Sound war jetzt auf jeden Fall wesentlich besser und klarer als bei der Vorband.

Um die eingangs erwähnte Frage zu beantworten: Der alte Herr bringt es noch! Phil Campbell war ja noch nie DIE Rampensau, entsprechend kurz hält es ihn auch nur auf dem Podest auf der Bühne. Rockt er doch meist mit Understatement im Hintergrund, treibt dabei seine Jungs an. Das Hawkwind Cover „Silver Machine“ darf natürlich ebenso wenig fehlen wie der Klassiker „Ace of Spades“ oder auch „R.A.M.O.N.E.S.“. Der Song „Dark Ages“ im Southern Rock Style kommt für mich genauso gut wie aus der Tube. In der Zugabe gibt es dann zum Abschluss noch „Heroes“ von David Bowie. Für mich ein rundum gelungener Abend in familiärer Atmosphäre, es ist irgendwie schon etwas Besonderes, einer Legende so nahe zu kommen.

(Text+Bilder: Björn Engelke)


Hayseed Dixie – Hall of Rockgrass

Datum: Mittwoch 28.2.2018
Location: München, Backstage Halle
Support: Shots

Mit der unnachahmlichen Mischung aus Rockhymnen und Bluegrass haben sich Hayseed Dixie nicht nur in der Neuen Welt in den letzten 18 Jahren eine mehr als solide Fanbasis erspielt. Jahr für Jahr sind die Jungs aus Tennessee auch für ihre Fans in Europa unterwegs. Ende Februar war es wieder soweit, das Backstage hatte gerufen und sie waren natürlich gekommen. Diesmal war die Nachfrage sogar so groß, dass es für den Club zu eng wurde und die Halle als Spielort gewählt wurde.

 

Auch ein Novum: Es gab eine Vorband. Die Shots aus Poing im Münchner Osten. Musikalisch in die Schublade Deutscher Chanson, Acoustic-Pop oder Singer-Songwriter zu stecken, war diese Wahl eher als ungünstig zu bewerten. Hayseed Dixie machen zwar ein solch eigenes Ding, dass es wahrscheinlich schwierig ist, einen passenden Support zu finden, aber irgendwas in Richtung Country oder andere Hillbilly-Mukke wäre doch machbar gewesen. Naja, kann man nichts machen. Die Shots machten das Beste daraus. Präsentierten sie doch gute zehn Songs aus eigener Herstellung. Ohne Schlagzeug nur mit Keyboard und Gitarre bewaffnet, schafften es die zwei Jungs mit pfiffigen Texten das eine oder andere Schmunzeln auf die Gesichter der Gäste zu zaubern. Die gesamte Bühnenperformance war sicherlich noch ausbaufähig. Mein einziger echter Kritikpunkt war der letzte Song, welcher die doch recht positive Stimmung wieder zerlegte. Ansonsten hatten die Jungs aus der Situation das Maximum rausgeholt was unter diesen Umständen möglich war.

Nach diesem kurzen Intermezzo war es endlich Zeit für Bluegrass! Hayseed Dixie machen wirklich wenig Aufsehen um ihre Personen, es gibt keine Starallüren. Auf die Bühne, Instrumente ausgepackt, eingestöpselt und los geht’s! Es ist jedes Mal ein Fest, die vier Jungs zu sehen. Nur mit akustischen Instrumenten einen so groovigen Sound zu produzieren, sodass es auch deine Oma aus den Socken hauen würde, fordert einfach einen massiven Respekt. Zwischen den Songs zeigt Mastermind John Wheeler aka Barley Scotch, dass er wahrlich ein exzellentes Deutsch spricht. Ein kleiner Ratespaß um die beste deutsche Formulierung eines beliebigen Themas mit Bassisten Jake „Bakesnake“ Byers ist ein witziger Teil der Show. Auch die aktuelle präsidiale Situation wird mit einem für Amerikaner unüblichen Stilmittel in Szene gesetzt: Sarkasmus. Barley erklärt, dass es nicht „A‘merica“ sondern „The’merica“ heißt und bittet das Publikum um Mithilfe um als Antwort auf das Stichwort „The’merica“ leise „Fuck’ya“ zu hauchen. Das klappt im ersten Anlauf eher leidlich, wird aber im Laufe des Abends weiter gefestigt. Das Hayseed Dixie dieses Jahr nach Deutschen Begriffen volljährig wird ist auch Anlass für bissige Kommentare. In „The’merica“ kannst du dir mit 18 eine Knarre kaufen aber in einer Bar nicht mal ein verschissenes Bier. Ohne die letzten Amokläufe im Hinterkopf könnte man darüber lachen, wenn es nicht real und nicht so verdammt traurig wäre.

 

Aber Hayseed Dixie lassen keinen Schwermut aufkommen. Zwischen den Ansagen und Späßen wird das geliefert, wofür die Jungs bekannt sind: Feinstes Rockgrass. Einmal querfeldein durch den Gemischtwarenladen der Pop und Rockmusik. Viel Neues war nicht dabei, aber das ist auch nicht Vonnöten. Die Stimmung war, wie zu erwarten, einfach klasse. Der Sound ging ins Bein, wer nicht tanzen kann oder will, schunkelt oder hüpft halt einfach so mit. Bassist Jake und Mandolinen Spieler „Hippy“ Joe Hymas bespaßten ebenfalls fleißig mit Grimassen das Volk. Hayseed Dixie sind musikalisch wie menschlich immer ein Hochgenuß. Nach der Zugabe geht es nicht ins zurück ins Backstage, es wird von der Bühne ins Publikum gestiegen. Am Merchandise konnte mit den Jungs dann auf Tuchfühlung gegangen werden, dabei ist sicherlich auch das ein oder andere Schwarzbier zuviel gekillt worden. Hayseed Dixie gehören für mich auf jeden Fall zu den Livebands die man unbedingt gesehen haben muss. Seid also mit dabei, wenn sie vielleicht schon nächstes Jahr wieder über den großen Teich kommen. In diesem Sinne: Let there be Rockgrass!

(Text+Bilder: Björn Engelke)